FAQ
Die Frequently Asked Questions beantworten die Fragen, die im Zuge einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema auftreten können. Da die Initiative eine zweckgebundene Steuer einführen will, berührt sie zwei grosse politische Themenkomplexe. Um die Orientierung zu vereinfachen und die thematisch nahen Argumente zu sammeln, besteht das FAQ aus einem klimapolitischen und einem finanzpolitischen Teil.
Klimapolitik
Wieso sind die Superreichen die Profiteur*innen, die für die Bekämpfung der Klimakrise bezahlen müssen?
Die Verantwortung der Bekämpfung der Klimakrise muss verhältnismässig sein. Beginnen wir mit einer einfachen Frage: Der globale Norden hat extrem von der Zerstörung unseres Planeten durch fossile Industrien profitiert. Aber wer wie viel? In den letzten Jahrzehnten ist gleichzeitig mit dem Wachstum der gesamten Volkswirtschaft auch der Anteil des reichsten Prozents enorm gewachsen. Die Anzahl Milliardär*innen in der Schweiz hat sich mehr als verdoppelt, bis auf rund 130 Personen in den letzten Jahren.[1] Auch das Vermögen der 300 Reichsten hat sich seit dem Jahr 2000 von 400 auf über 800 Milliarden verdoppelt.[2] Vergleichen wir diese Zahlen mit dem Einkommen: Die Löhne in der Schweiz stiegen in den letzten 10 Jahren durchschnittlich um 0.81% pro Jahr.[3] Die Vermögen der 300 Reichsten stiegen im selben Zeitraum um 5.5% pro Jahr. Es ist dementsprechend klar, dass die Superreichen mit Abstand am meisten von diesem zerstörerischen System profitiert haben. Für eine soziale Klimapolitik ist es absolut notwendig, dass genau diese Profite für die Bekämpfung der Klimakrise eingesetzt werden müssen.
Doch diese Profite liegen nicht nur in der Vergangenheit. Sie sind nach wie vor extrem Umweltbelastend, denn das Vermögen, welches die Superreichen investieren, orientiert sich weiterhin an der Profitmaximierung – nicht an der Umwelt. Das hat zur Folge, dass aktuell jede in der Schweiz investierte Million Franken zwischen 125 und 167 Tonnen CO2 Äquivalenten[4] (tCO2e) produziert.[5] Das entspricht dem Pro-Kopf-Verbrauch von etwa 30 Schweizer*innen. Allein die 10 reichsten Familien in der Schweiz produzieren damit über 39 Millionen Tonnen CO2 Äquivalente, was beinahe dem Fussabdruck der gesamten Schweiz entspricht. Dieser systemische Fussabdruck der Superreichen zeigt auf, wie gewaltig der Einfluss dieser Gelder auf das Klima ist. Genau dieser Hebel ist ein zentraler Punkt für eine zukunftsfähige Klimapolitik.
Zuletzt gibt es noch die direkten Emissionen der Superreichen. Auch hier zeigt sich eine systematische Tendenz. Dass die Schweiz im Durchschnitt die Ressourcen von 3 Erden verbraucht,[6] und mit 5 Tonnen Emissionen (CO2e)[7] pro Kopf das Maximum[8] um über das Zweifache überschreitet, ist offenkundig. Um eine gerechte Verteilung der Last zu evaluieren, müssen die Unterschiede innerhalb der Bevölkerung berücksichtigt werden.
Dazu gehört der von der Öl-Industrie erfundene individuelle Fussabdruck, der bestens dokumentiert ist.[9] Sowohl weltweit als auch innerhalb des wohlhabenden Europäischen Raums zeigen sich glasklare Tendenzen: Global gerechnet verbraucht das reichste Prozent das 30-Fache dessen (70 tCO2e), was ihnen zur Verfügung stehen würde.[10] Im etwas emssionsärmeren europäischen Vergleich ist es für das reichste Prozent immer noch das 18-Fache (43.1 tCO2e), während die ärmere Hälfte knapp das 2-Fache (4.6 tCO2e) erreicht.[11] Die individuellen Emissionen des reichsten Prozents sind massiv viel höher als jene des Rests der Bevölkerung.
Diese Konsum-Emissionen sind zwar auch gross, aber sie sind kein Vergleich mit den noch viel grösseren systemischen Emissionen, die die Superreichen mit ihren profitorientierten Investitionen verursachen. Es wird deutlich, dass eine andere Klimapolitik dringend benötigt wird.
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[1] https://www.research-collection.ethz.ch/bitstream/handle/20.500.11850/534627/wp_501.pdf?sequence=1 (s.60)
[2] https://www.handelszeitung.ch/bilanz/zahlen-und-fakten-zu-den-300-reichsten-der-schweiz-2021
[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/292072/umfrage/lohnentwicklung-in-der-schweiz/
[4] CO2-Äquivalente sind eine Masseinheit zur Vereinheitlichung der Klimawirkung der unterschiedlichen Treibhausgase. Damit können auch andere Gase wie Methan oder Lachgas im selben Wert wie CO2 ausgedrückt werden – https://www.myclimate.org/de/informieren/faq/faq-detail/was-sind-co2-aequivalente/
[5] https://www.mckinsey.com/ch/our-insights/klimastandort-schweiz
[6] https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/nachhaltige-entwicklung/weitere-indikatoren-achhaltige-entwicklung/oekologischer-fussabdruck.html
[7] Bundesamt für Umwelt (Link)
[8] Das Maximum bezieht sich auf einen Senkungspfad von 1.5° C. – oxfam.org/en/press-releases/carbon-emissions-richest-1-set-be-30-times-15degc-limit-2030
[9] Der Individuelle Fussabdruck wurde 2004 von einer Marketing Agentur für British Petroleum (heute BP) ins Leben gerufen, um die riesigen Emissionen der Industrie in den Hintergrund zu rücken und die Verantwortung auf die Individuen zu schieben. – https://www.theguardian.com/commentisfree/2021/aug/23/big-oil-coined-carbon-footprints-to-blame-us-for-their-greed-keep-them-on-the-hook
[10] oxfam.org/en/press-releases/carbon-emissions-richest-1-set-be-30-times-15degc-limit-2030
[11] https://www.cambridge.org/core/journals/global-sustainability/article/unequal-distribution-of-household-carbon-footprints-in-europe-and-its-link-to-sustainability/F1ED4F705AF1C6C1FCAD477398353DC2
Was versteht die Initiative unter einer anderen Klimapolitik?
Wir haben gemäss dem aktuellen IPCC-Bericht noch genau drei Jahre, bis unser CO2 Budget für die 1.5 Grad Grenze erreicht ist.[12] Je schneller wir aktiv werden, desto besser. Doch anstatt sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen, brüstet sich die konservative Klimapolitik mit Scheinlösungen wie neuen Atomkraftwerken[13] und prophezeit die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft.[14]
Nur: Wir kennen die Technologien, die für einen Umbau der Wirtschaft weg von den fossilen Energien nötig sind. Allein 75 Milliarden Franken für Wind, Solar und Energiespeicher würden reichen, um die Schweiz komplett mit erneuerbarer Energie zu versorgen.[15] Doch darum geht es ihnen nicht. Die Innovation, die sie meinen, ist klassisch kapitalistisch und hat nur das Ziel, mehr Konsum zu erwirken und mehr Profit zu generieren. Das ist der Grund, weshalb wir über kürzere Duschzeiten und Gebühren auf Plastiksäcke sprechen. Weshalb die Klimakrise immer als Problem des Konsums deklariert und die politische Seite des Problems ausgeklammert wird. Die Bürgerlichen verkörpern die Speerspitze des Greenwashings, dieser grünen Versprechen, die mehr politisches Marketing als wirklicher Inhalt sind.
Das Versagen dieser bürgerlichen Klimapolitik schlägt sich in der Realität direkt nieder. Langfristig wären erneuerbare Energien schon heute ökonomisch sinnvoller als fossile Energien – die Kosten für Solaranlagen sind seit 2010 um 82% gesunken.[16] Aber es ändert nichts. Der Handel mit Emissionszertifikaten könnte eine wirksame Reduktion erwirken, wenn es keine Fehlkonstruktion wäre.[17] Aber es reicht nicht. Eine angemessene Besteuerung der Superreichen würde massive Effizienzgewinne und klimafreundliche Investitionen erwirken. Aber es geschieht nicht. Die Klimapolitik orientiert sich nicht am Überleben der Menschheit, sondern an den Interessen der Superreichen. Das muss ein Ende haben.
Die Initiative für eine Zukunft setzt die Prioritäten neu und stellt gleichzeitig die notwendigen Mittel bereit. Die Erhaltung und der Aufbau einer lebenswerten Zukunft ist das höchste Ziel. Damit wir dies erreichen, müssen wir handeln – unabhängig von kapitalistischen Profitinteressen, mit dem einzigen Ziel der ernsthaften Bekämpfung der Klimakrise. Diese Initiative will nichts Geringeres als einen kompletten Paradigmenwechsel in der Klimapolitik.
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[12] https://www.deutschlandfunk.de/weltklimabericht-des-ipcc-wissenschaftler-warnen-vor-100.html
[13] https://magazin.nzz.ch/schweiz/der-kampf-um-die-klima-hoheit-ld.1668368
[14] https://www.economiesuisse.ch/de/schwerpunkte/klimapolitik
[15] https://web.stanford.edu/group/efmh/jacobson/Articles/I/145Country/22-145Countries.pdf
[16] https://www.irena.org/publications/2020/Jun/Renewable-Power-Costs-in-2019
[17]https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/14693062.2019.1682494?casa_token=I2IewwB_olUAAAAA%3A0DWTOZ5gdxzUSyej-vG3P38Sv-PzRHJ52CfNOV_UT1sgbYOxbgbBvMq4ujl6-jkdbBaoT9YkBU9A0A
Was versteht ihr unter sozial gerechter Klimapolitik?
Klimapolitik wird aktuell immer im Zusammenhang mit Energie- und Mobilitätsfragen diskutiert. Da wird von Emissionen, Ressourcen und Technologien gesprochen. Doch diese Sichtweise greift zu kurz – die Klimakrise kann nicht unabhängig von den sozialen Fragen verhandelt werden. Weil die Mentalität, dass sich Menschen problemlos auf neue Bedingungen einstellen können, nicht funktioniert; weil es um das Leben der Menschen selbst geht.[18] Diese Fragen werden und müssen unweigerlich ihren Platz einfordern. Es geht um Klimagerechtigkeit. Wir folgen hier dem Grundsatz des Klimastreiks:
«Die Folgen der Klimakrise treffen die ärmsten Menschen als erstes und am härtesten – sowohl lokal wie auch global. Deshalb ist Klimaschutz auch eine Frage der sozialen und globalen Gerechtigkeit. Die schwächsten Gruppen der Gesellschaft sollen nicht durch das Leben der wohlhabenderen Menschen leiden. Ausserdem müssen Massnahmen zum Erreichen der Klimaziele in einer Weise ausgestaltet werden, die materiell und finanziell benachteiligte Menschen nicht zusätzlich belasten.»[19]
Die Klimakrise nur als technische Angelegenheit zu betrachten, würde sozial fatale Kurzschlüsse wie beispielsweise Massenentlassungen oder mangelnde Unterstützung für besonders vulnerable Personen mit sich bringen. Eine Klimapolitik, die sozial gerecht ist, schafft soziale Absicherungen und Alternativen, finanziert gemeinwohlorientierte Arbeits- und Wohnmodelle und nimmt sich in die Pflicht, wenn es um die nachhaltige Gestaltung öffentlicher Räume geht. Fundamentale und alltägliche Strukturen der Gesellschaft wie Arbeiten, Wohnen und das gemeinsame Leben werden im gleichen Mass berücksichtigt wie die Reduktion der Emissionen. Nur dadurch ist ein längerfristig lebenswertes Leben unter den sich verändernden klimatischen Bedingungen möglich.
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[18] https://www.tagesanzeiger.ch/wenn-sie-schreiner-sind-wollen-sie-vielleicht-nicht-wachmann-werden-es-geht-um-wuerde-462896370504
[19] https://climatestrike.ch/movement
Was sind die konkreten Massnahmen?
Die Initiative selbst legt keine einzelnen Massnahmen fest, denn die Pläne zur Umsetzung eines effektiven und sozialen Klimaschutzes sind ausreichend vorhanden. Deshalb werden in den Übergangsbestimmungen die zentralen Bereiche festgelegt, auf die sich die Klimapolitik konzentrieren soll: Arbeiten, Wohnen und öffentliche Dienstleistungen.[20] Zudem hat die JUSO Schweiz schon 2019 einen Plan mit notwendigen Massnahmen[21] und 2022 ein Papier mit den notwendigen Handlungsschwerpunkten verabschiedet.[22]
Ausserdem gibt es von verschiedenen anderen klimapolitischen Akteur*innen – insbesondere vom Klimastreik – ausführliche und detaillierte Pläne, wie die notwendigen Veränderungen aussehen müssen.[23] Zusätzlich gibt es unterschiedliche Möglichkeiten für Umsetzungen auf nationaler, kantonaler oder kommunaler Ebene. Diese bestehende Vielseitigkeit wollen wir berücksichtigen.
Eines ist jedoch klar: Es gibt keine alleinstehende Massnahme, die die Klimakrise lösen wird. Vielmehr müssen wir an verschiedensten Orten aktiv werden und die vielfältigen Möglichkeiten zur Bekämpfung der Klimakrise in die Realität umsetzen. Gestützt auf dieses breite Fundament ist unsere Initiative ein erster Anstoss, endlich zu handeln und diese Pläne zu aktivieren.
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[20] https://zukunft-initiative.ch/
[21] https://juso.ch/de/standpunkte/klima/massnahmenplan-system-change-not-climate-change-was-die-schweiz-gegen-die-klimakrise-tun-muss-offentlicher-luxus-statt-privater-profit/
[22] https://juso.ch/de/positionspapiere/ausweg-aus-der-klimakrise-das-gute-leben-fur-alle/
[23] Klimastreik: https://climatestrike.ch/de/posts/climate-action-plan-announcement ; Swisscleantech: https://www.swisscleantech.ch/files/econcept_KlimazieleSchweiz_nach_IPCC_1-5-Grad-Bericht.pdf
Finanzpolitik
Wie viele Menschen sind von der Steuer betroffen?
Die Anzahl der Menschen, die über ein Vermögen in der Grössenordnung verfügen, dass sie mehr als 50 Millionen Franken zu verschenken oder vererben haben, ist sehr klein. Insgesamt leben ungefähr 2000 Menschen in der Schweiz, die ein solch hohes Vermögen besitzen. Das sind rund 0,035% der steuerpflichtigen Personen in der Schweiz. Auf Bundesebene gibt es nur eine grobe Datenlage und die exakte Anzahl der Personen wird nicht erhoben. Gleichzeitig sind die Kantone den Datenschutzregeln verpflichtet. Dank zuverlässigen Schätzungsmethoden und den Daten des Bundes[24] lässt sich aber trotzdem diese präzise Grössenordnung evaluieren, die sich auch mit den verfügbaren Kantonsdaten deckt.
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[24] https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation-bevoelkerung/einkommen-verbrauch-vermoegen/vermoegen.assetdetail.20104786.html
Was ist mit einem einmaligen Freibetrag gemeint?
Die Steuer greift erst ab einem verschenkten und/oder vererbten Vermögen einer Privatperson, dass 50 Millionen übersteigt. Das bedeutet, dass alle Schenkungen fortlaufend über die Steuererklärung zusammengezählt werden. Die ersten 50 Millionen werden von dieser Steuer befreit, sind also auch nach dem Überschreiten der Grenze nicht betroffen, wie es bei einer Freigrenze der Fall wäre. Sobald dieser Freibetrag von 50 Millionen aber überschritten ist, werden alle Schenkungen und die Erbschaft dieser Person mit 50% besteuert. Der Freibetrag kommt nur einmal pro Person zu Anwendung.
Wie viele Einnahmen produziert diese Steuer?
Die Einnahmen aus Erbschaften und Schenkungen lassen sich über einen längeren Zeitraum berechnen. Basierend auf Indikatoren wie der aktuellen Lebenserwartung, der Verteilung von Vermögenswerten und der Vermögensentwicklung, werden bei einer Annahme der Initiative durch diese Steuer durchschnittlich 6 Milliarden Schweizer Franken Steuerertrag pro Jahr eingenommen. Dabei ist auch die Unberechenbarkeit des Zeitpunkts von Schenkungen und Todesfällen berücksichtigt. Die tatsächlichen Einnahmen können dann im Rahmen der Zweckbindung vollkommen ausgeschöpft werden. So kann das Geld für die bestmögliche Anzahl von bereitstehenden Massnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise eingesetzt werden.
Was ist mit grossen Familienunternehmen?
Die Vermögen superreicher Personen sind grösstenteils in irgendeiner Form investiert oder angelegt. Indirekt können deshalb auch Unternehmen betroffen sein. Die meisten grösseren Unternehmen sind jedoch Kapitalgesellschaften.[25] Das bedeutet, sie haben viele verschiedene Geldgeber*innen und sind nicht nur von einer einzelnen Person abhängig. Sobald diese Person also ihre Anteile verschenkt oder vererbt, wechseln diese lediglich in den Besitz einer anderen Person. Je nach Ausgestaltung der Steuer kann es sein, dass dann ein Teil dieser persönlichen Vermögenswerte dazu verwendet werden, die Steuer zu begleichen. Dort liegt es aber in der Verantwortung der Gesetzgebung, die Rahmenbedingungen so zu bestimmen, dass es möglich ist, diese Anlagen zu verkaufen, ohne die Liquidität der Unternehmen unnötig zu belasten.
Die vermeintliche Belastung für Unternehmen, die so gerne als Schreckensszenario verwendet wird, ist absolut harmlos. Für die Unternehmen, die indirekt betroffen sind, ist diese Steuer in dieser Grössenordnung problemlos tragbar. Besser noch, kann Sie die Unternehmen stärken, weil sie für eine breitere, stabilere und demokratischere Abstützung des Unternehmens sorgt.
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[25] https://www.dnb.com/de-ch/top-listen/
Lässt sich diese Steuer nicht viel zu einfach umgehen?
Die Initiative hat die Steuer klar definiert und hält eine lückenlose Besteuerung fest. Es werden in jedem Fall – ob Wegzug oder juristische Konstrukte – erhebliche Aufwände nötig, um sich der Steuer zu entziehen. Auch in Anbetracht der finanziellen Stärke der besteuerten Personen ist eine einfache, grossflächige Umgehung der Steuer kein realistisches Szenario.
Ausserdem reiht sich diese Frage in die Diskussion rund um die Fragen der Steueroptimierung von Superreichen ein, was eine reine Beschönigung für illegitime Steuervermeidung oder sogar illegale Steuerhinterziehung ist. Entsprechend dem Initiativtext wird die Ausgestaltung der Gesetzgebung so beschaffen sein, dass diese unsoziale Praxis der Superreichen so gut wie möglich unterbunden wird.
Besteht nicht die Gefahr, dass die Superreichen die Schweiz verlassen?
Diese Frage ist ideologisch aufgeladen und wird oft als Drohkulisse der bürgerlichen Seite genutzt. Diese Mentalität der Erpressung durch Steuerflucht wollen wir nicht mehr gelten lassen, da sie jeglicher Grundlage entbehrt. Berücksichtigen wir die aktuelle Forschung zu diesem Thema, ist diese Gefahr weniger gross als allgemein vermutet wird.[26] Das liegt einerseits daran, dass Steuern bei weitem nicht der einzige Faktor sind, weshalb man in der Schweiz lebt. Dieser Umstand wird noch dadurch verstärkt, dass wir hier von einer Gruppe von Menschen sprechen, die sich ihr Leben im Alter in der Schweiz bereits eingerichtet haben. Andererseits existieren auch in vielen anderen Ländern Erbschaftssteuern, die vergleichbare Steuersätze aufweisen (z.B. Deutschland bis zu 50%, Frankreich bis zu 60% oder Belgien bis zu 80%).[27] Der unmittelbare Vorteil ist deshalb nur begrenzt gegeben.
Zudem sieht die Initiative vor, dass Massnahmen zur Steuervermeidung getroffen werden. Dazu gehören beispielsweise die Aufzeichnung von Schenkungen, die Berücksichtigung von Wohnsitzverschiebungen oder die Massnahme, dass alle Schenkungen und Erbschaften, die nach der Annahme der Initiative getätigt werden, rückwirkend auch der Steuer zugerechnet werden. Unter dem Strich wird das alles aber keinen allzu grossen Einfluss auf die Schweizer Bevölkerung haben. Ein Teil dieser Personen wird in der Schweiz wohnhaft bleiben, womit deutliche Mehreinnahmen geschaffen werden, die allesamt für die Bekämpfung der Klimakrise eingesetzt werden können.
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[26] https://www.aeaweb.org/articles?id=10.1257/jep.34.2.119
[27] https://www.bundestag.de/resource/blob/692216/a9accd14320f9113819a65b2e54e966b/WD-4-019-20-pdf-data.pdf